Franz Gertsch
*1930 in Mörigen (CH)
Medici
Mit dem Gemälde Medici erlebt Franz Gertsch 1972 auf der documenta 5 seinen internationalen Durchbruch. Erst drei Jahre zuvor hatte er eigene Fotografien als Vorlage seiner Arbeiten für sich entdeckt. Ganz entspannt und offensichtlich amüsiert lehnen sich fünf junge Männer an und über die Latte eines rot-weiß gestreiften Bauzauns. Es ist die Gruppe um den jungen Künstler Luciano Castelli (an zweiter Stelle von links), eine Schlüsselfigur der Luzerner Bohème, die Gertsch in den 1970er-Jahren mehrfach darstellte. Die im Titel suggerierte Verbindung zu dem bekannten Florentiner Herrschergeschlecht wird über den Namen der Baufirma erreicht, der auf dem Kopf stehend auf dem Brett zu lesen ist. Der klangvolle Name der Medici, ein Synonym für großzügiges Mäzenatentum in Kultur und Architektur, verweigert hier den Zugang zu einer kulturellen Institution, denn das Gerüst steht vor dem Luzerner Kunstmuseum, das zum Zeitpunkt der Aufnahme wegen Renovierung geschlossen war. Mit einem heiteren Verweis auf die italienische Renaissance fängt Gertsch das Lebensgefühl und den Zeitgeist der 1970er-Jahre ein, als Kommentator und stiller Bewunderer einer jungen Generation in Protest- und Aufbruchsstimmung.