Martin Flesch

Interview mit dem Künstler Martin Flesch, Januar 2021

Wie bist Du zur Malerei gekommen?

Gemalt habe ich schon als Kind, als Jugendlicher habe ich viele Comics gelesen und gezeichnet und später kam auch Graffiti dazu. Schließlich habe ich mich dann in Düsseldorf an der Kunstakademie und an der FH für Gestaltung in Aachen beworben. An der FH bin ich angenommen worden und habe dort u.a. sehr intensiv bei Wilhelm Schürmann studiert.

Wilhelm Schürmann ist ja eigentlich ein Spezialist für Fotografie und nicht für Malerei.

Ja, aber er ist immer allen Kunstformen sehr offen begegnet und hat mich malen lassen. Es ging mehr um Bildkomposition, Bildsprache und Intention.  

Es gibt viele Bilder von Dir, die Explosionen von Gebäuden zeigen. Wie bist auf dieses Thema gekommen?

Das kommt durch meine Liebe zum Actionfilm. Die Komposition des Aachener Rathaus-Bildes, welches in der Ausstellung Beat the System zu sehen ist, ist inspiriert durch die Explosionen im Film Independence Day.

Martin Flesch, Explosion Nr. 17, 2021, Öl auf Leinwand, Courtesy of the artist

Wir haben bei der Wahl des Bildes für die Ausstellung an ein subversives, politisches Statement gedacht – aber vielleicht ist diese Ansicht nicht richtig?

Nein, falsch würde ich nicht sagen. Ich habe die Bronzestatue Karl des Großen auf dem Brunnen vor dem Aachener Rathaus gesehen.  Er ist dargestellt in voller Rüstung, mit dem Reichsapfel in der Hand. Und das hat mich an die Heilige Handgranate in Monty Pythons Ritter der Kokosnuss erinnert. Da wollte ich Karl als Action-Held darstellen: er dreht dem Rathaus den Rücken zu und bleibt, trotzt der gewaltigen Explosion, völlig ruhig und unbeeindruckt. Es sieht fast so aus, ob er die Handgranate hinter seinen Rücken geworfen hätte und damit die Zerstörung herbeigeführt habe.

Gibt es auch andere Serien als die der Explosionen?

Ich arbeite gar nicht so sehr in Serien. Mein Überthema ist einfach die Malerei, also das Zusammenspiel zwischen Licht und Formen. Was ich am meisten male sind Stadtansichten, urbane Landschaften und was ich auch unglaublich liebe, ist die Porträtmalerei. Das sind dann häufig Auftragsarbeiten. Kommt aber nicht so oft vor, weil Ölgemälde von sich selbst an die Wand zu hängen… das hat immer so einen Beigeschmack. Das ist den Leuten manchmal etwas unangenehm. Neulich habe ich es dann einfach so gemacht, dass ich die Person mit ihrem Hund zusammen dargestellt habe. Es wurde eigentlich ein Porträt des Hundes, mit der Person auf dem Bild, die aber nur so halb zu sehen. Das hat sehr gut funktioniert.

Wie arbeitest Du denn bei den Porträts? Nach Fotos? Oder sitzen die Leute im Atelier vor Dir?

Meistens nach Fotos. Sitzung würde einfach zu lange dauern. Kein Mensch setzt sich zwei Monate dahin – so lange dauert das nämlich. Meist bekomme ich ein oder mehrere Fotos zugeschickt, nach denen ich arbeite.

Unsere Gäste fragen häufiger, wie lange Du an dem Rathaus-Gemälde gearbeitet hast, da es ja so detailliert ist, in altmeisterlicher Manier gemalt.

An dem Rathaus-Bild habe ich etwas fünf Monate recht kontinuierlich gearbeitet. Ich bin jeden Tag im Atelier und male ein paar Stunden und versuche das sehr diszipliniert durchzuziehen. Es ist viel Kleinarbeit, da muss man schon ein bisschen Disziplin haben und Durchhaltevermögen.

Hast Du eine Galerie, die Dich vertritt?

Nein. Ich bin ein bisschen zurückgezogen, was das angeht. Ich mag es, dass es wie ein kleines Independent Label läuft.

Hast Du es je bereut, hier in Aachen zu bleiben?

Klar habe ich schon darüber nachgedacht, ob ich in Berlin z. B. mehr Output, mehr Möglichkeiten hätte. Aber ich mag Aachen. Es hat irgendwie eine perfekte Größe. Alles darüber wäre mir zum Leben zu viel, alles darunter zu langweilig.